Wie Verbundenheit vor Stress schützt

Verbundenheit gibt Kraft

Führungskraft zu sein ist ja etwas widersprüchlich. Einerseits wird immer mehr betont, wie wichtig das menschliche Miteinander und die Pflege von guten Beziehungen im Team ist. Andererseits geben oft Stress und Hektik bei der Arbeit den Ton an. Darum lohnt sich ein genauer Blick auf die Bedeutung von Verbundenheit und wie man sie erzeugt.

Die Relevanz von guten Beziehungen kann gar nicht überschätzt werden, denn sie haben sich als der stärkste Beitrag zur Zufriedenheit mit dem Leben gezeigt. Im Gegensatz dazu führt Einsamkeit zu Stress und Unwohlsein. In Umfragen fühlen sich in Deutschland ca. ein Drittel der Menschen einsam - selbst wenn sie in einer Familie leben. Das ist kein Luxusproblem, sondern führt zu allen möglichen körperlichen und psychischen Problemen.

Führungskräften geht es genauso, bis hinauf zur „einsamen Spitze“. Die Harvard Business Review berichtete, dass die Hälfte aller befragten CEOs sich einsam fühlt. Die meisten davon sagten, sie haben dadurch Leistungsprobleme. Verbundenheit ist also für Führungskräfte kein Luxus, sondern leisten einen wichtigen Betrag, um den Job überhaupt erfolgreich machen zu können.

Nur verbundene Führungskräfte sind erfolgreich

Fünf Aspekte sind besonders bedeutsam für die Arbeit in Unternehmen.

Praktische Unterstützung

Wer gut verbunden durchs Arbeitsleben geht kann ganz handfest mehr Hilfe bekommen, wenn man nicht mehr weiter weiß. Das gilt auch für Führungskräfte, und noch viel mehr für solche, die neu auf ihrem Posten sind, egal auf welcher Ebene. Und je stärker die Verbindung zum eigenen Team oder den Peers, desto größer ist deren Hilfsbereitschaft.

Emotionaler Rückhalt

Es tut gut, wenn Andere an den Höhen und Tiefen des Lebens Anteil nehmen. Wir erleben geteiltes Leid weniger belastend, aber auch geteilte Freude erfüllender. Dieser Effekt ist unter dem Begriff Social Support gut erforscht. Wie stark er ist zeigt sich eindrücklich daran, dass wir nicht nur mit negativen Gefühlen, sondern auch mit körperlichen Schmerzen besser umgehen können, wenn jemand bei uns ist.

Stärkere Resilienz

Jenseits der Bewältigung von akuten Belastungen ist Verbundenheit ein starker Faktor der seelischen Widerstandsfähigkeit. Resilienz ist die Fähigkeit, nach Misserfolgen und Krisen wieder ins emotionale Gleichgewicht zu kommen. Diese Kompetenz wird für Führungskräfte immer wichtiger, da die Herausforderungen und Rückschläge zunehmen. Resilienz wird nicht gestärkt durch die Anzahl der Menschen, die wir kennen, sondern durch die Qualität der Beziehungen, die wir zu ihnen haben.

Frische Gedanken

Führung setzt Impulse für Veränderung. Das braucht neue Ideen, und die entstehen nicht allein im stillen Kämmerlein. Wer mehr Austausch hat kann kreativer sein, hört vielfältige Perspektiven und bleibt nicht im eigenen Sumpf stecken. Wirklich interessant ist das aber nur, wenn ehrliche Sichtweisen ausgetauscht werden und nicht nur nach dem Mund geredet wird. Nur verbundene Menschen gehen dieses Risiko ein.

Persönliche Entwicklung

Führungskräfte können viel lernen durch die Reflexion des eigenen Verhaltens. Noch wertvollere Information steckt aber in dem Feedback, das sie von Anderen bekommen. Viele Unternehmen haben deswegen die einseitigen Leistungsbeurteilungen durch die Führungskräfte in Gespräche für gegenseitiges Feedback umgewandelt. Das ist gut, liefert aber nur dann Impulse zur eigenen Entwicklung, wenn diese Gespräche mit einer Haltung des verbundenen Lernens anstelle der gegenseitigen Bewertung geführt werden.

Wenn gute Beziehungen so sehr zur Zufriedenheit beiträgt und so hilfreich für Führungskräfte sind, wie können wir ihre Qualität verbessern? Es kommt ja vor allem auf das Gefühl von Verbundenheit an, einfach nur „nett sein“ ist dafür zu wenig. Ein Beispiel dafür ist die Führungskraft, die zwar mit vielen Komplimenten für gute Stimmung sorgt, aber trotzdem unnahbar wirkt. Mit lediglich zwei Prinzipien könnte sie die Verbundenheit wirklich stärken.

Zwei Prinzipien für mehr Verbundenheit

Ermutigung geben

Die Führungsrolle bringt zwei Gefahren mit sich, nämlich den Fokus auf Ergebnisse und Ungeduld. Losgelöst von operativen Beschränkungen ist es leicht, Ratschläge zu geben. Das wirkt dann aber schnell belehrend und von oben herab. Auch immer ausgeklügeltere Systeme zu Leistungsbewertung haben diesen Effekt. Besser ist es, auf Augenhöhe zu zeigen, dass man mit dem anderen Menschen zusammensteht. Noch förderlicher für die Beziehung ist es, nicht nur Lob für gute Ergebnisse zu verteilen. Zuspruch für Fortschritte zu geben ist viel besser, gerade wenn diese klein sind. Das ist der Kerngedanke von Teresa Amabiles The Progress Principle. Dafür gilt es, die eigene Ungeduld im Zaum zu halten.

Verletzlichkeit zeigen

Niemand ist perfekt. Darum fühlen wir uns Menschen verbunden, die uns ihre eigenen Schwächen und Nöte zeigen. Obwohl das spätestens seit Brené Browns legendärem TED-Talk zum Schlagwort Vulnerable Leadership geführt hat tun sich Führungskräfte oft immer noch schwer damit. Es öffnet aber Türen, anderen zu zeigen, was einen gerade beschäftigt. Nur kommt es auf die richtige Balance an, und die braucht Fingerspitzengefühl. Ungünstig sind nämlich die Extreme taktische Pseudoverletzlichkeit auf der einen Seite und enthemmtes Jammern auf der anderen. Sich dessen bewusst zu sein hilft schon, das Risiko bewusst und mutig einzugehen, sich angemessen zu öffnen.

Verbundenheit hat nicht nur viele Vorteile für den Führungserfolg, gute Beziehungen bei der Arbeit tragen auch stark zur eigenen Lebenszufriedenheit bei. Um Verbundenheit zu fördern genügt es schon, wenn Führungskräfte lediglich zwei Prinzipien zu ihrer Gewohnheit machen: Ermutigung statt Bewertung, Verletzlichkeit statt Unerschütterlichkeit. Das sind große Ansprüche, die von ihnen den guten Umgang mit den eigenen Gefühlen und Gedanken erfordern.

Das Ermutigende ist, dass es so viele Wege dafür gibt, dass jede Führungskraft etwas passendes findet, sei es ein Persönlichkeitsfragebogen, ein Coaching zur Selbstreflexion oder ein Training in Achtsamkeit. Führungskräften mit einer warmen Verbindung zu sich selbst fällt es leichter, echte Verbundenheit in ihrem Arbeitsumfeld zu stärken.

 

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Thomas B. Mayer

Ich bin Leadership Coach, Organisationspsychologe und Achtsamkeitslehrer aus Köln. Seit über 20 Jahren berate ich Führungskräfte. Mit meinem integrierten Coachingprogramm und kompakten Achtsamkeitskurs helfe ich erfahrenen und beschäftigten Führungskräften zu mehr innerer Kraft und Leichtigkeit. Für berufliche Zufriedenheit und ein erfülltes Leben.

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